1015 - 2015
1000 Jahre SCHNACKENWERTH
Seinen Namen verdankt das Dorf im Landkreis Schweinfurt der Lage im Werngrund, nordöstlich von Werneck: Denn „Werth“ bezeichnet im Mittelhochdeutschen ein grasreiches Land inmitten von Wasser. Und „Schnacken“ heißen jene lästigen Stechmücken, die in solchen Gegenden ideale Brutplätze finden. Widrigkeiten also, die frühe Siedler dennoch nicht von der Urbarmachung der fruchtbaren Böden hier abhalten konnten.
Schon 1015 wird Schnackenwerth erstmals urkundlich erwähnt. Kaiser Heinrich II. schenkte dem Benediktinerkloster auf dem Michelsberg zu Bamberg einen „Meierhof“ in Werde. Alte Namensformen sind Werede, Werda, Weritha und sind vom Althochdeutschen: „werid“ (= Insel, erhöhtes Land) abzuleiten.
Schnackenwerth liegt auf 229m Höhe nordöstlich vom Gemeindezentrum Werneck an der vielbefahrenen Bundesstraße B 19. Während diese nordsüdlich verläuft, nimmt die Werntalstraße senkrecht dazu – parallel zur Talfurche des Grundgrabens ihre Richtung; zwischen ihm und einer 10 m höheren Geländeterasse liegt das Dorf ausgebreitet. Da der Grundgraben unweit östlich in die Wern einmündet, wird die Insellage glaubhaft, die einst zur Namensgebung der Siedlung Anlass gab.
Stattliche fränkische Gehöfte stehen auf der Südseite der Werntalstraße in so enger Reihung, dass bei näherem Hinsehen meist die dritte Seite der sonst üblichen Hofform fehlt. Nördlich dieser Hauptstraße aber werden die Hofformen wegen des ansteigenden Geländes unregelmäßig. Ca. 400 Einwohner leben heute hier.
Der Grundcharakter des Dorfes, der früher sehr stark landwirtschaflich geprägt war, erfährt in der Gegenwart (in den letzten 20-30 Jahren) einen spürbaren Rückgang. Neben nur noch 3-5 Vollerwerbs- und einzelnen Nebenerwerbslandwirten arbeitet der überwiegende Teil der Dorfbevölkerung in der Großindustrie (Schweinfurt) bzw. im Handwerk/Dienstleistungsgewerbe.
Trotz dieses gewaltigen Strukturwandels wird auf der Flur, die sachte nach Westen hin ansteigt, rentabelster Ackerbau betrieben; liegt doch Schnackenwerth im fruchtbarsten Teil des lößreichen Schweinfurter Gaulandes. Zum Ansehen einer „Kornkammer“ gehört die Wohlhabenheit ihrer Landwirte: Zwischen den beiden Weltkriegen zählte die Gemeinde zu den höchstbesteuertsten Unterfrankens.
Täglich fahren Tausende von Autos auf der viel befahrenen Bundesstraße 19 am Ortsrand von Schnackenwerth vorbei. Die alte Hauptstraße mit den altfränkischen Bauernhäusern und zahlreichen Bildstöcken bleibt dabei ebenso unentdeckt wie ein Musterbeispiel dörflicher Rokokokunst: Die an der höchsten Stelle des Dorfes stehende Pfarrkirche St. Andreas, umgeben von einer dreiflüglichen Gadenanlage. Hier handelt es sich um ein besonders gut erhaltenes Beispiel der regional typischen Form einer Kirchenburg. Hinter der schlichten Fassade der St. Andreas Kirche offenbart sich erst ihre ganze Pracht. Mit Säulen und Muschelwerk reich verzierte Altäre glänzen unter der Himmelfahrt Mariens im Deckengemälde. Hauptblickfang aber ist die wuchtige Kanzel, die auf einem aus Holz geschnitzten Beichtstuhl ruht. Davor stand hier ein finsteres Kirchlein, so heißt es in alten Quellen. Dass es sich um eine der vielen Wehrkirchen im Fränkischen gehandelt haben muss, davon zeugen gerade sorgsam wieder instandgesetzte Gaden, einst als Befestigung gedacht, um die dörfliche Bevölkerung vor allerlei ritterlichem Gesindel und marodierenden Truppen zu schützen. Die Bewohner fanden mit all ihrem Hab und Gut, ihren Familien und auch Tieren Zuflucht zwischen dem äußeren Gadenring und der Kirche. Durch die unmittelbare Nähe zum Friedhof wurde so ein „heiliger Bezirk“ geschaffen. In dem befestigten Weg zwischen Gaden und Kirche wurden sogar Tote bestattet, wie man bei Kanalbauarbeiten herausfand.
In den Jahren 1990 -1992 folgte die Außen-, Dach- sowie Kirchturm Renovierung. Eine weitere Innenrenovierung in den Jahren 1995 - 1999 fand ihren krönenden Abschluss mit der Altarweihe (26.Sept. 1999) durch Bischof Paul Werner Scheele, verbunden mit dem 250 jährigen Kirchenjubiläum.
Künstlerisch betrachtet – ist die Pfarrkirche St. Andreas von überörtlicher Bedeutung und nach einer Stellungnahme des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege wurde in Schnackenwerth der Prototyp der kath. Rokokokirche geprägt, die später in zahlreichen Gotteshäusern variiert wurden.
Mit der Zeit wandelte sich die Bedeutung der Gaden dann aber. Während sie als Befestigung, wie bereits erwähnt, gedacht waren, wurden sie während des 19. und 20. Jahrhunderts aufgrund ihrer zahlreichen Gewölbekeller als Vorrats- und Lagerräume für Rüben, Kartoffeln und Reisig gebraucht. Doch auch die Gaden waren nicht für die Ewigkeit bestimmt und wurden im Laufe der Zeit marode, sodass bereits 1984 die ersten vorbereitenden Gespräche über eine Renovierung stattfanden. Durch das Einlaufen von Wasser waren die Gaden geradezu baufällig geworden. Hilfe bekamen die Schnackenwerther insbesondere durch den Markt Werneck, der sich stark für den Erhalt dieses historischen Kleinods, diesem Schnackenwerther „Stück Heimat“ einsetzte. Nachdem die Schnackenwerther Gaden schließlich in drei Bauabschnitten zwischen 1994 und 2000 renoviert waren, wurden sie September 2000 am „Tag des offenen Denkmals“ feierlich übergeben.
Auch vorher wurden immer wieder fortschrittliche Projekte durchgeführt: So der Gedanke der Rhön-Maintal-Wasserversorgung im Jahre 1938. Damals muss auch die Flurbereinigung schon in Gange oder vollendet gewesen sein. 1955 wurde der Friedhof großzügig erweitert, 1966 die Kanalisation gemeistert. Nach der Gebietsreform 1972 wurden durch den Markt Werneck zwei neue Baugebiete erschlossen: Im Süden Schnackenwerths „Im Buschgarten“ (1984) und „Oberer Point“ (2006).
Die 14 Kreuzwegstationen(aus Sandstein) auf dem altehrwürdigen Friedhof wurden im Jahre 1987 restauriert ebenfalls renovierte man das Kriegerdenkmal (anno 1715) an den Gaden.
Anlässlich des 9.Bürgerfestes (1993) des Marktes Werneck konnten die ortsprägende renovierte „Alte Schule“ aus dem 19.Jhdt. sowie die kurze Zeit später neu geschaffenen Jugendräume (1998) ihrer Bestimmung übergeben werden.
Der trefflich gelungene Neubau der Aussegungshalle im Friedhof (1996), die restaurierten „Sieben Schmerzen Mariens“ Bildstöcke aus Sandstein an der Feldkapelle (Lourdes Grotte) sowie die Neugestaltung der Dorfmitte (Dorfbrunnen) mit Ausbau des Grundgrabens und renovierten „St.Andreas“ Bildstock beleben und bereichern das Gesamtbild Schnackenwerths.
Neueste Grabungen im neu erschlossenen Baugebiet „Obere Point“(2006) im Süden des Dorfes, die bandlinearkeramische Siedlungsfunde aus der Jungsteinzeit (Neolithikum), wohl um 4600 - 4500 vor Chr., erbrachten, sowie sogenannte „Alte Burg“, Reste einer mittelalterlichen Befestigung, zeugen von einer frühen Besiedlung.